Wenn der Schmerz bleibt
Chronische Schulterschmerzen
Schulterschmerzen zählen zu den häufigsten Problemen des Bewegungsapparates – und sie werden besonders oft chronisch: Bei bis zu 50 Prozent der Patienten bestehen die Beschwerden nach sechs bis zwölf Monaten weiterhin. Aber was steckt hinter den Problemen? Und was kann man gegen ständige Schulterschmerzen tun? Erfahren Sie hier mehr über mögliche Ursachen und was Sie selbst gegen die Beschwerden tun können.
Akute oder bereits chronische Schulterschmerzen?
Vielleicht fragen Sie sich, ob Ihre Beschwerden noch als akut einzustufen sind oder ob sie bereits als chronische Schulterschmerzen gelten. Anders als beispielsweise bei Rücken- oder Nackenschmerzen gibt es für Schulterschmerzen keine offizielle Unterteilung von akuten und chronischen Schmerzen – daher ist eine allgemeingültige Antwort nicht möglich.
Für die meisten Schmerzarten gilt jedoch: Bestehen die Beschwerden mindestens drei bis sechs Monate lang, werden sie als chronisch eingestuft.
Ärzte bezeichnen Schmerzen zudem im Allgemeinen dann als chronisch, wenn sie…
- … weiter bestehen, obwohl die Ursache längst beseitigt wurde (z. B. durch eine eigentlich erfolgreiche OP).
- … ohne erkennbare Ursache über einen längeren Zeitraum bestehen und/oder immer wiederkehren.
- … nicht genau lokalisiert werden können.
- … den Patienten stark in seinem Alltag und seiner Lebensqualität beeinträchtigen.
Wie kommt es zu Schulterschmerzen?
Schulterschmerzen entwickeln sich häufig durch eine muskuläre Überlastung, beispielsweise in Berufen mit einseitigen Belastungen, wie etwa in Malerbetrieben oder in der industriellen Fertigung – vor allem Überkopfarbeiten begünstigen die Entstehung von Schulterschmerzen. Auch Sportler sind häufig betroffen, insbesondere Bodybuilder sowie Volleyball-, Tennis- und Handballspieler.
Ähnlich problematisch für die Schultern ist aber auch Bewegungsmangel, zum Beispiel bei Menschen, die im Beruf viel im Büro sitzen. Dadurch entstehen oftmals muskuläre Dysbalancen, die zum Teil durch „falsches“ Training im Fitnessstudio noch gefördert werden. Konkret werden die Muskeln, die für die Rotation, also Drehbewegungen, der Schulter verantwortlich sind, häufig vernachlässigt. Stattdessen wird der Fokus beim Training meist vor allem auf die Muskeln gelegt, die für das Anheben der Arme verantwortlich sind. Das kann unter anderem Verletzungen und Entzündungen der Sehnen und Schleimbeutel in der Schulter begünstigen – besonders häufig betroffen ist die sogenannte Rotatorenmanschette. Auch Verspannungen können Schulterschmerzen auslösen. Dann kommt erschwerend hinzu, dass viele Menschen aufgrund der Schmerzen zur Schonung neigen und oft sogar normale Alltagsaktivitäten meiden. Tatsächlich ist es aber so, dass Bewegungsmangel die Muskeln (auch) in der Schulter immer weiter schwächt und dadurch Fehlhaltungen und Verspannungen fördern und verschlimmern kann.
Manchmal sind akute Schmerzen auch so stark, dass der Körper sich das „merkt“ und ein Schmerzgedächtnis ausbildet. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen Schmerzen empfinden, obwohl der Auslöser längst beseitigt ist. Aus diesem Grund empfehlen Ärzte auch in der Regel, sehr starke Schmerzen nicht einfach auszuhalten, sondern kurzfristig mit geeigneten Mitteln zu lindern.
Chronische Schulterschmerzen: Ursachen
Ständige Schulterschmerzen sind meist eine komplexe Angelegenheit. In vielen Fällen können die Patienten keine konkrete Situation benennen, die die Schmerzen ausgelöst hat – wie etwa eine ungünstige Bewegung beim Sport oder einen Sturz. Die Stelle, die am meisten schmerzt, sowie die Bewegungen, die den Schmerz auslösen beziehungsweise verstärken, können dann wichtige Anhaltspunkte sein, um die Ursache zu finden.
Die beiden häufigsten Ursachen für chronische Schulterschmerzen sind Defekte der sogenannten Rotatorenmanschette und/oder Impingement-Syndrome. In diesen Fällen kommen besonders oft Schmerzen vorne und seitlich an der Schulter vor, die sich beim Heben des Armes und beim Liegen auf der betroffenen Schulter (sog. „Nachtschmerz") noch verstärken.
Auch Verspannungen entwickeln sich oftmals zum Dauerproblem. Gerade Menschen, die täglich lange stillsitzen müssen – beispielsweise bei der Büroarbeit – sind häufig betroffen. Hinzu kommt, dass viele Menschen dazu neigen, die schmerzende Schulter zu schonen. Dadurch entstehen muskuläre Dysbalancen sowie weitere schmerzhafte Verspannungen. Auf diese Weise kann ein regelrechter Teufelskreis aus Schmerz und Verspannung entstehen – chronische Schulterschmerzen sind dann häufig die Folge. Deshalb raten Ärzte bei Verspannungen dazu, möglichst rasch wieder die normalen Aktivitäten aufzunehmen – und am besten auch weiterhin (vorsichtig) Sport zu treiben. Um die empfohlene Bewegung zu ermöglichen, ist kurzfristig oft eine ausreichende Schmerzbehandlung nötig.
Weitere mögliche Ursachen für chronische Schulterschmerzen sind beispielsweise:
- Schädigung des Schultereckgelenkes
- Häufiges „Auskugeln“ der Schulter (sog. Schulterluxation)
- Sehnenrisse
- Verletzungen der langen Bizepssehne (sog. SLAP-Läsionen)
- Schleimbeutelentzündung
- Kalkschulter
- Schultersteife (sog. Frozen Shoulder)
- Arthrose
Was tun bei Schulterschmerzen?
Die Behandlung von Schulterschmerzen richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Bestehen keine größeren Schäden an Muskeln, Gelenken oder Sehnen, setzen Ärzte in der Regel auf eine Behandlung, die aus mehreren Bausteinen besteht.
In der akuten Phase raten Ärzte dazu, den betroffenen Arm zunächst zu schonen und Überkopfbewegungen sowie sehr schnelle und ruckartige Bewegungen (z. B. beim Sport) zu vermeiden. Normale Alltagsbewegungen und sanfte Sportarten sollten Sie hingegen nach Möglichkeit weiterhin ausführen. Um das zu erleichtern, werden häufig sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac zur Schmerzlinderung eingesetzt. Es gibt sie in unterschiedlichen Darreichungsformen, zum Beispiel als Tabletten zum Einnehmen oder als Gele zum Auftragen auf die Haut. Ein Vorteil der Mittel zur lokalen Anwendung ist, dass diese seltener Nebenwirkungen zur Folge haben als Tabletten. In einigen Fällen kommen auch verschreibungspflichtige Schmerzmittel oder Kortisonspritzen zum Einsatz.
Um die Beweglichkeit wieder herzustellen, stehen zusätzlich zur Schmerzbehandlung mobilisierende, physiotherapeutische Maßnahmen im Mittelpunkt. Zunächst werden oft passive, krankengymnastische Bewegungsübungen (z. B. manuelle Therapie) sowie Pendel- und Dehnübungen eingesetzt. Später spielt gezieltes Krafttraining eine Rolle, das unter anderem Muskel-Dysbalancen ausgleichen kann. Sportler sollten erst wieder in ihre ursprüngliche Sportart zurückkehren, wenn die Schulter wieder stabil ist. Wichtig ist es zudem, zu analysieren, welche Bewegungsabläufe in der Arbeit oder beim Sport die Schulter besonders belasten und diese gezielt zu verbessern.
Weitere mögliche Behandlungsmaßnahmen sind zum Beispiel:
- Wärme- oder Kältetherapie
- Massagen
- Elektrotherapie
- Bewegungsbäder
- Kinesiotaping
- Akupunktur
- Stoßwellentherapie (bei Kalkschulter)
- Erlernen einer Entspannungsmethode, z. B. progressive Muskelentspannung, autogenes Training
Dos & Don’ts bei chronischen Schulterschmerzen
Schulterschmerzen haben nur selten gefährliche Ursachen. Achten Sie trotzdem auf Warnzeichen wie Kribbeln, Taubheitsgefühlen oder Muskelschwäche am Arm. Denn diese müssen rasch ärztlich abgeklärt werden. Absolute Warnsignale sind zudem Schmerzen in der Brust oder im Bauch, Atemnot und Kreislaufschwäche – dann sollten Sie umgehend einen Notarzt rufen.